Im ersten Beitrag der Reihe „Sprechen wir!“, teilt extrakind-Gründerin Alexandra (40 Jahre, Mama von fünf Kindern) unter dem Thema „… die Geburt von Zwillingen“ ihre wertvollsten Erinnerungen an die Geburt von ihren Zwillingen mit Euch.
Drei Jahre. Zeit wie ein Wimpernschlag. Haben sie mir die beiden nicht eben erst in den Arm gelegt? Hat nicht gerade erst alles begonnen? Ist das alles wirklich schon so lange her?
Ich denke oft an den 12.12.2017 zurück.
Schwangerschaftswoche 36 plus 4. Seit Wochen kämpfe ich in der MHH um jeden Tag, den die beiden länger in meinem Bauch bleiben können. Draußen schneit es. Vor dem Fenster der Medizinischen Hochschule Hannover versinkt die Welt in weiß und grau. 7 Uhr. Meine Leber macht nicht mehr mit. Gestern 98 Kilo (gestartet bin ich mit 70!). Heute schon 111. Ich kann nicht mehr. Das Wasser ist überall. In den Händen. Im Gesicht. In den Beinen und Füßen. 1,42 Meter Bauchumfang. Jede Drehung wird zur Herausforderung. Jeder Atemzug fühlt sich an, als hätte ich eine Bergtour hinter mich gebracht.
Hannes und Vincent in mir sind extrem still. Kaum eine Bewegung ist in meinem Bauch zu spüren. Meine Befürchtungen werden ernst genommen.Wir wollen ein CTG schreiben und dann die Geburt einleiten. Ich bin einverstanden. Die Zeit ist nun gekommen. Für uns alle. Das spüre ich. Ich freue mich. Und ich habe ein bisschen Angst.
12 Uhr. Ich bekomme ein winziges Tablettenstück. „Gleich sind sie da“, denke ich. „So schnell geht das nicht, Frau Jaeger …“ Die Hebamme schmunzelt als sie mich zurück aufs Zimmer schickt. Na mal abwarten… Etwas in mir sagt mir, dass es gleich geschafft ist. Um 15 Uhr soll ich wieder im Kreißsaal sein. Zur ersten Untersuchung.
Chris und ich legen uns im Familienzimmer ein Stündchen aufs Ohr. Wehen habe ich nicht. Eine wunderschöne Kuschelstunde. Ruhe. Nur wir. Und die Babys im Bauch. Und die werden wir gleich im Arm halten.
15 Uhr. Wir sind wieder im Kreißsaal. Die Hebammenschülerin knotet ctg-Gurte aneinander, damit sie um meinen riesigen Bauch passen. Ich gehe ein bisschen ins Hohlkreuz, damit sie die Gurte unter mir durchschieben kann. Es ist 15.15 Uhr. Und plötzlich platzt Hannes Fruchtblase. Sofort schieben die Kinder mit Macht nach unten. Das spüre ich. Das sage ich auch. Starke Wehen. Von 0 auf Hundert.
Eine erfahrene Hebamme kommt. Sie untersucht mich kurz. Der Professor wird gerufen. Ich merke: Das ist nicht der Anfang! Das ist bereits der Endspurt!!! Mein Muttermund ist fast vollständig eröffnet.
Ein unbeschreibliches Gefühl umfängt mein Herz. Das ist alles Wirklichkeit! Das passiert mir! Das passiert jetzt. Was für ein Geschenk! Gleich ist es vorbei!
…Ist auch so…
15.43 Uhr. Hannes wird auf meine Brust gelegt! Alles vergessen. Alles gewesen. Das hier ist die Zukunft. Hier liegt das Leben. Auf mir. Nackt. Und dick. Und stark. Wie hübsch er ist! Und wie weich.
Irgendjemand schient meinen Bauch. Irgendjemand wird etwas hektischer. Irgendjemand sagt irgendwas zu irgendwem. Wird ungeduldig. Mir alles wurscht. Ich bin glücklich. Was für ein wunderschönes Baby!!! Und wie er riecht!!
Chris spricht mich an. Er drückt mein Knie. Sein Blick ist fest. Sein Griff auch. Seine Stimme. Unmissverständlich. Er erreicht mich. „Alex. Da kommt noch eins. Du musst jetzt noch einmal mitarbeiten.“
Ich halte Hannes. Ich denke mir: „Jetzt nur nicht zu fest drücken. Sonst tust du ihm ja weh. …er ist so schön!“
Dann ist auch Vincent da! Es ist 15.47 Uhr. Auch er liegt jetzt in meinen Armen. Auch er riecht und schmeckt und atmet wie das schönste Kind der Welt. Ich kann mein Glück kaum fassen. Zwei Arme voller Liebe! 3300 und 2990 Gramm. Beide knapp 50 Zentimeter groß. Ich bin so stolz! Und so tief berührt. Ich bin Zwillingsmama! Das alles ist MIR passiert! Das sind meine Kinder! Meine Doppel-Wunder. Ich bin Zwillingsmama!!!
Bis heute hat diese unbeschreibliche Erkenntnis nichts von ihrem Zauber verloren.
Zwillinge zu gebären. Für mich eine Lebenserfahrung die mit nichts auf der Welt zu vergleichen ist.Klar. Geburt bleibt Geburt. Mehr muss dazu nicht gesagt werden. Ich vergleiche das immer mit einem Marathon. … Kann mir doch auch keiner erzählen dass er ab Kilometer 35 noch Augen für den schönen Ausblick hat…! Es geht doch vielmehr irgendwann nur noch um den Moment des Zieleinlaufs. Darum, finisher zu sein. Um den Moment, in dem du durchs Tor läufst und weißt: du hast es echt geschafft. Du hast das unmögliche erreicht.
Ich weiß, dass ihr euch viele Gedanken macht, wie das werden wird. Und ich sage Euch dazu: Freut Euch drauf. DAS kann euch niemand nehmen!
Alexandra von extrakind